Einen Ökoweinberg zu erkennen ist Anfangs schwerer als gedacht. Wer das Öko-Label auf der Flasche sieht kann sicher sein, dass der Wein nach ökologischen Standards hergestellt wird da es in der EU für die Kennzeichnung strenge Regeln gibt, die auch penibel von Behörden kontrolliert werden. Wie kann man aber erkennen, dass ein Weinberg nach ökologischen Standards bewirtschaftet wird ohne die Flasche in der Hand zu haben, z. B. bei einer Weinbergswanderung? Echte Öko-Arbeit im Weinberg zeigt sich in vielen kleinen Details. Im Folgenden bekommt Ihr einige Tipps von einem Winzer, die Euch helfen werden einen Ökoweinberg zu erkennen.
Laut EU-Verordnung und Bio-Zertifizierungen müssen bestimmte Kriterien erfüllt sein: keine synthetischen und systemisch wirkenden Fungizide, kein Einsatz von Herbiziden im Unterstockbereich (Glyphosate und Glyphosinate), kein mineralischer Dünger, ein Umstellungszeitraum (drei bis fünf Jahre) vor der Zertifizierung, nur Öko-Zertifiziertes Pflanzgut für zwischen die Reihen, usw. Ökologisch arbeitende Winzer haben viele zusätzliche Herausforderungen – Wetter, Schädlinge, begrenzte Mittel. Deshalb sind Transparenz und praktische Umsetzung entscheidend.
Hier ein paar handfeste Punkte, die Ihr direkt im Weinberg sehen könnt oder im Gespräch mit Eurem Winzer/Winzerin des Vertrauens erfragen könnt.
Bodenlebendigkeit und Humusaufbau
Gibt es genug organische Substanz im Boden? --> Mulch, Kompost, Pflanzenreste, usw.
Wirkt der Boden ausgelaugt oder sehr fest, deutet das auf schlechte Praxis hin.
Mehrjährige Begrünungsarten mit einer bunten Mischung aus Blumen, Gräsern, Kleesorten u.a. fördern das Bodenleben.
Pflanzenschutz mit Maß
Werden ausschließlich zugelassene Bio-Fungizide, also Kupfer- und Schwefellösungen, genutzt - und das in möglichst geringer Dosierung.
Wird vor dem Spritzen darauf geachtet, dass alle mechanischen und manuellen Arbeitsschritte durchgeführt wurden um Schädlingsbefall entgegen zu wirken.
Sind die Blätter der Rebe leicht angefressen durch vorherigen leichten Pilzbefall ist auch das ein Indikator für Ökoweinbau.
Begrünung und Biodiversität zwischen und am Rand der Reihen
Gibt es eine breite Palette an verschiedenen Pflanzen zwischen den Reben, ist das eine Einladung für allerhand Nützlinge wie Wespen, Marienkäfer, uvm.
Sind die Ränder der Weinberge wenn möglich auch bepflanzt, ist das ein weiterer Indikator für Ökoweinbau.
Achtung: Gras in der Reihe heißt nicht automatisch Öko.
Wasser und Nährstoffmanagement
Wie und womit wird gedüngt? Organisch durch Kompost, Gründüngung, Hühnerkot oder synthetisch.
Wird Bodenverdichtung vermieden durch geeignete Fahrspuren in Bepflanzten Reihen und durch weniger schwere Maschinen? Sehr viel Löwenzahn kann hier auf Bodenverdichtung hindeuten.
Wird der Unterstockbereich "sauber gehalten" durch mechanische Methoden wie Scheibe oder Flachschar erkennt man das an der Krümeligkeit der Erde in dem Bereich und daran, dass die Erde hier in einem Bereich von ca. 20cm um die Rebstöcke leicht aufgeschüttet aussieht.
Hat ein Betrieb eine Bio-Zertifizierung, hat er konsistent jedes Jahr dargelegt, dass nach den vorgeschriebenen ökologischen Standards gearbeitet wurde. In besonders herausfordernden Jahren können die Behörden bestimmte Regeln vorübergehend lockern, um den Winzern Luft zum Atmen zu ermöglichen. Dies sind jedoch Einzelfälle, was sowohl Region und Zeitraum angeht.
Mein Opa sagte gerne: "Wenns zwischen den Reben grün ist, ist das Öko!" - Das stimmt nicht!!!! Mittlerweile wissen alle Winzer, dass Erosionsschutz und Bodenpflege enorm wichtig sind um nachhaltig Wein herzustellen. Begrünung allein macht noch keinen Ökowein und auch konventionelle Winzer säen hin und wieder eine Wolff-Mischung.
Auch Ökowinzer müssen spritzen. Hierfür gibt es spezielle Kupfer- und Schwefelpräparate, die sich wie ein Film auf die grünen Teile der Rebe legen und so einen Schutzschild bilden gegen die am häufigsten vorkommenden Pilzarten. Wichtig ist, dass hier Menge und Häufigkeit noch stärker als sowieso schon, reguliert sind.
Es gibt mittlerweile auch konventionelle Winzer, die sich nicht um eine Zertifizierung scheren und trotzdem weitestgehend ökologisch arbeiten, indem z. B. keine Herbizide gespritzt werden und man den Unterstock ausschließlich mit mechanischen Methoden "sauber hält".
Öko erkennt man nicht an einem einzigen Merkmal, sondern an vielen kleinen Zeichen: Bodenleben, Vielfalt, schonender Pflanzenschutz, transparente Dokumentation. Wer diese Kriterien kombiniert sieht oft den Unterschied.
Tipp für euch: Nächstes Mal im Weinberg: Schaut genau hin, schaut euch den Boden an, fragt die Winzer nach den Arbeitsmitteln – der Blick fürs Detail lohnt sich ungemein. Und übrigens viele Winzer haben da Ihre ganz eigenen Meinungen zum Thema und reden auch gerne offen darüber.